- Wie hat sich die Trauerarbeit durch und mit Social Media verändert?
- Welche Chancen oder Gefahren seht ihr, wenn Menschen das Internet in Zeiten der Trauer nutzen?
- Wie schätzt ihr das Potential, die Vor- und Nachteile von Webdiensten ein, mit denen Nachrichten nach dem Tod versendet werden?
- Brauchen wir jetzt alle ein Testament für unseren digitalen Nachlass?
Titelseite der Zeitschrift Friedhof un Denkmal 1-2013 |
Ich selbst hatte mir angesehen, wie sich die Friedhöfe im Internet präsentieren - sie gehören oft zu den Fachdiensten, die sich auch um Abfall und Umwelt kümmern - und festgestellt, dass „die meisten Friedhöfe … offensichtlich noch nicht die – inzwischen nicht mehr gar so neuen – Funktionen des Web 2.0 bzw. der Social Media im Internet für sich entdeckt" haben.
Hier kann ich gleich ergänzen, dass ich den Beitrag der Blogparade wichtig fand, der sich damit beschäftigt, was mit den virtuellen Trauerseiten privater Unternehmen passiert, wenn sie abgeschaltet werden - was offensichtlich häufig vorkommt (In unserer Quartalsschrift "Ohlsdorf - Zeitschrift für Trauerkultur" haben wir schon 1999 und 2002 über solche Seiten berichtet). Ich denke, dass an dieser Stelle eigentlich die Friedhofsverwaltungen gefragt sind. Friedhöfe sind die richtigen Adressen sowohl für das Begraben, die Trauer und Erinnerung am konkreten Grab wie für das virtuelle Gedenken. Sie besitzen das kulturelle Potential die virtuelle Welt mit der Realität zu verbinden.
Stephan Hadraschek berichtet über Erinnerungsseiten - nicht nur - für Kriegstote und damit das Internetportal des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V..
Abgeschlossen wird das Schwerpunktthema wird von Sabine Schaper, die unter dem Titel "Keine Worte! :-( Zum Umgang mit Tod und Trauer auf Facebook" eine wahre Geschichte über die Nutzung des Internets nach einem Verlust berichtet.
Übrigens hat schon 2004 Julia Schäfer einen ersten ausführlichen Überblick aus wissenschaftlicher Sicht über die Veränderungen in der Bestattungskultur gegeben, die auch das Internet einbeziehen.
Doch mir ist noch ein anderer Aspekt wichtig. Ich meine, dass Trauer und Öffentlichkeit nicht ohne die historische Dimension zu verstehen sind. Wir erleben gerade einen Aufbruch, mit dem Trauernde öffentliche Wege der Kommunikation und Verbindung zu Menschen suchen, die gerade nicht zu ihrem persönlichen Umfeld gehören, sondern mit ihnen die gleiche Lebenssitutation teilen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist offenbar genau das Gegenteil geschehen. Private Trauer wurde aus dem öffentlichen Leben verdrängt bzw. in das Korsett starrer Abläufe (säkular im Volkstrauertag, kirchlich in den Feiern zu Allerseelen-Allerheiligen bzw. Totensonntag - später umbenannt in "Ewigkeitssonntag") geschnürt. Diese Erstarrung in der Trauer dürfte für die Kriegsgeneration, in der jeder Angehörige und Freunde verloren hatte, Sinn gemacht haben. Jetzt entdecken die nachfolgenden Generationen die Notwendigkeit der eigenen Trauer und suchen nach neuen Formen, nachdem durch den Schock der Kriegserfahrungen die alten kulturellen Formen Stück für Stück weggebrochen sind.
Zu den neuen Formen gehören ganz selbstverständlich Internet bzw. soziale Medien. Überraschend ist eigentlich nur die Geschwindigkeit dieses Wandels. Als ich Mitte der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts einen der ersten Ratgeber schrieb, in denen ich aufzeigte, wie viel man in Bezug auf Bestattung, Trauerfeier und Erinnerungssetzung selbst machen kann, war das Internet noch kein Thema. Heute kommt keiner mehr um dieses Thema herum (und natürlich habe ich es in meine Neuauflage des Ratgebers als E-Book auch eingearbeitet).